Der Weg zum Radentscheid in Bochum

Dass Bochum mehr für den Radverkehr tun muss, ist seit vielen Jahren klar. Eine gewisse Einsicht konnte mittlerweile sogar bei der Stadtverwaltung festgestellt werden. Einzelne Verkehrsprojekte werden inzwischen deutlich radverkehrsfreundlicher als in der Vergangenheit entwickelt. Insgesamt ist aber in den letzten Jahren einfach viel zu wenig passiert. Es fehlt der große Wurf für eine Planung, die das Fahrradfahren im Alltag angemessen berücksichtigt. Bochum hinkt außerdem seit Jahren bei der Radverkehrsplanung anderen Städte deutlich hinterher. Diese Stadt war jahrzehntelang viel zu stark auf die Anforderungen des motorisierten Individualverkehrs ausgerichtet, „Autos first“ schien der Slogan im Rathaus zu sein.

Castroper Straße

Da brauchte es einfach einen Anstupser von engagierten Bochumer Menschen, die ihr Recht auf Bürger*innen-Beteiligung nutzen und so die Weichen für eine radverkehrsfreundlichere Planung stellen. Aber wie begann alles?

Ausgangspunkt des Radentscheids sind die Aktionen der Radwende Bochum. Die Initiative ist ein Bündnis aus 15 verschiedenen lokalen Gruppen und Verbänden, wie dem ADFC, dem VCD, dem NABU, dem BUND, Fridays for Future und vielen weiteren, die alle ein Ziel eint: Baut mehr und bessere Radwege in Bochum! Seit ihrer Gründung Anfang 2019 hat die Radwende durch zahlreiche politische Aktionen (z.B. Demos und Mängeltouren) und durch eine aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Social Media-Kampagnen, Radwende-Blog, Pressekonferenzen, Veranstaltungen etc.) auf die Defizite des Radverkehrs in Bochum sowie auch auf gute Beispiele in anderen Städten hingewiesen. Das Bündnis hat sogar einen eigenen Mängelmelder gestartet und sucht regelmäßig das Gespräch mit Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung.

Radwende Demo, 15.06.2019

Bei den Diskussionen auf den offenen Radwende-Treffen rückten Radentscheide, wie sie in vielen anderen Städten in Deutschland bereits erfolgreich initiiert wurden, immer stärker in den Mittelpunkt. Ein erster Austausch mit Menschen, die 2019 den Radentscheid Essen initiiert hatten, zeigte: Es ist zwar viel Arbeit, aber da geht was! Der nächste Schritt fand dann am 29.08.20 im Anschluss an eine große Fahrraddemo mit einer Podiumsdiskussion am Schauspielhaus statt. Vertreter*innen der Radentscheide Essen und Marl sowie der Bundesvorsitzende des ADFC berichteten von ihren Erfahrungen bei der erfolgreichen Umsetzung von Radentscheiden. Bei allen zu beachtenden Fallstricken war das Votum einhellig. Ein Radentscheid hat in den heutigen Zeiten eine große Chance auf Erfolg. Auch in Bochum. Also legt los!

Schon wenige Tage später wurde zur Auftaktveranstaltung „Radentscheid Bochum“ in die Christuskirche eingeladen. Trotz coronabedingter Einschränkungen kamen am 23.09.20 über 70 interessierte Bochumer Bürger*innen. Nach einem Impulsvortrag zu den Rahmenbedingungen von Radentscheiden wurden in Kleingruppen Ideen und Vorschläge gesammelt, die in einen Radentscheid-Text einfließen sollten. Es entstand eine äußerst lebhafte und konstruktive Diskussion. Auch bei Medienvertreter*innen stieß die Veranstaltung auf großes Interesse. Neben den lokalen Printmedien und Radio Bochum berichtete das WDR-Fernsehen in einer Live-Schaltung direkt aus der Christuskirche.

Auftakt zum Radentscheid am 23.09.2020 in der Christuskirche

Nach diesem erfolgreichen Auftakt wurde in kürzester Zeit eine effektive Organisationsstruktur mit verschiedenen Arbeitsgruppen aufgebaut. Einmal im Monat kommen alle Beteiligten zur Radentscheid-Vollversammlung zusammen, um gemeinsam die wichtigsten Entscheidungen zu treffen. Obwohl alle Treffen seit Oktober 2020 coronabedingt digital stattfinden, gehen die Vorbereitungen zum RadEntscheid Bochum zügig voran. Mit Unterstützung aus der Stadtgesellschaft und durch viele engagierte Menschen können die Weichen für eine moderne Rad-Infrastruktur in Bochum bald neu gestellt werden.

Wie es dann weiter ging bis zum aktuellen Stand heute findest du in den Meilensteinen.